„Wie halten Sie’s mit den Frauen?“

Donnerstag, 24. November 2016 - 16:45

Der Frauenring befragt die Kandidaten für das Bundespräsidentenamt

Als Dachorganisation österreichischer Fraueneinrichtungen und Fraueninitiativen vertritt der Österreichische Frauenring indirekt die Interessen von über einer Million Frauen. Für die von uns vertretenen Frauen ist es in ihrer jeweiligen Wahlentscheidung nicht unerheblich, welche Positionen ein zukünftiger Bundespräsident zu zentralen Fragen der Geschlechterpolitik einnimmt.

Der Frauenring hat deshalb die beiden Kandidaten, Norbert Hofer und Alexander van der Bellen, dazu aufgefordert, uns ihre Positionen zu ausgewählten frauen- und gleichstellungspolitischen Fragestellungen zu übermitteln.

Der Frauenring hat die Kandidaten zu fünf Themengebieten befragt:

1. Die Position von Frauen am Arbeitsmarkt

Van der Bellen kritisiert die geschlechtsspezifische Einkommensunterschiede und die mangelnde Repräsentation von Frauen in führenden Positionen. Er thematisiert auch die Mehrfachbelastung von Frauen durch unbezahlte Arbeit und verspricht die Regierung zum Handeln aufzufordern.

Hofer sieht vor allem niedrige Kollektivlöhne als problematisch, er fordert einen gesetzlichen Mindestlohn und steuerliche Anreize für die Einstellung von älteren Arbeitnehmerinnen und Wiedereinsteigerinnen. Die Aufteilung unbezahlter (Care)Arbeit will Hofer „nicht immer wieder zu einem politischen Thema“ machen. Den Gender Pay Gap und die Mehrfachbelastung von Frauen thematisiert er nicht.

2. Frauen in Entscheidungsfunktionen

Hofer lehnt Quotenregelungen per se ab und sieht den geringen Frauenanteil als Resultat dessen, dass Frauen sich öfter für eine Familie als für eine Karriere entscheiden würden.

Van der Bellen vertritt die Meinung, dass die „Quote vielleicht nicht das eleganteste politische Mittel ist, aber jedenfalls ein effektives“. Er verweist auf erfolgreiche Modelle in Skandinavien.

Der Frauenring setzt sich für Quoten als Mittel zur Steigerung des Frauenanteils in Entscheidungsfunktionen ein.

3. Gewalt an Frauen und Kinder

Van der Bellen sieht Gewaltschutz klar als Aufgabe des Staates und sieht in der Instanbul Konvention einen Meilenstein, weil sie einen strukturellen Gewaltbegriff anwendet und die Unterzeichner-Länder auch erstmals rechtlich bindet, Gewalt an Frauen umfassend zu bekämpfen.

Norbert Hofer sieht in der Istanbul Konvention einen Schritt in die richtige Richtung. Er sieht vorrangig die Notwendigkeit, dass Opfer Unterstützung in Anspruch nehmen.

Anmerkung des Frauenring: Gewaltschutz gehört zu den Schutzpflichten des Staates und daher zu den Staatsaufgaben!

4. Situation alleinerziehender Frauen

Norbert Hofers hält eine parlamentarischen Enquête betreffend die Situation Alleinerziehender für zielführend, wie sie der Frauenring unlängst forderte.                              

Van der Bellens unterstützt die Frauenringforderung, dass Unterhaltsvorschüsse nicht mit dem 18. Lebensjahr enden sollten.

5. Selbstbestimmungsrecht von Frauen

Van der Bellen sieht die Fristenlösung als "wichtige Errungenschaft der Frauenbewegung" und sieht sie als private Entscheidung. Frauen sollten alle Unterstützung und Beratung erhalten, die sie brauchen.

Hofer fordert die Schließung von privaten Ambulatoren, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen und will dass Abbrüche nur noch in öffentlichen Krankenhäusern stattfinden.

Anmerkung des Frauenrings: Die Privatkliniken tragen aktuell wesentlich zur Sicherung des Selbstbestimmungsrechts von Frauen bei. Nicht alle öffentliche Krankenhäuser und nicht alle Bundesländer bieten Möglichkeit zum Schwangerschaftsabbruch an. Die Umsetzung von Hofers Forderung würde damit Frauen den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch erschweren.

Im Vergleich der Antworten der Kandidaten zeigt sich für den österreichischen Frauenring, dass sich Alexander van der Bellen weitaus deutlicher für die Wahrung der Rechte von Frauen und deren gesellschaftliche Gleichberechtigung ausspricht.